digitales religonsbuch

Sakramente

aus Maria H. Duffner: „Digitales Religions Buch“ 2000–
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Eucharistie

Geschenke

Ein festlicher Anlass — der Geburtstag, der Schulabschluss, die Hochzeit: Es gibt Geschenke. Bei manchen Anlässen gibt es wenige, bei anderen viele Geschenke. Es gibt Geschenke, über die man sich freut, die praktisch sind, bei anderen aber denkt man sich: „Was fange ich damit nur an?“ Irgendwann am Abend, an einem der nächsten Tage, sichtet man die Geschenke, kann sich in Ruhe darüber freuen (oder auch nicht) und sie ihrem Verwendungszweck zuführen. Und irgendwann einmal ergibt sich auch ein Gespräch über das Geschenk mit dem, von dem es stammt. Natürlich freut es den Geber, wenn das Geschenk zum Einsatz kommt, wenn es gut, schön und nützlich ist. Genauso enttäuscht ist er aber, wenn das Geschenk irgendwo verstaubt. Im Extremfall kann es soweit kommen, dass er das Geschenk zurückverlangt.

Steht diese Lebenserfahrung nicht auch hinter dem Gleichnis von den Talenten? (Mt 25,14-30) Auf den ersten Blick ist es ein sehr materialistischer Text. „Talente“ waren eine Währungseinheit. Jemand hat einmal ausgerechnet, dass es sich um die gigantische Summe von etwa € 200.000,-- handeln soll, die der Herr seinen Dienern anvertraut. Und es ist nun einmal ein Faktum, dass einige Leute mit Geld recht gut umgehen können, es anlegen können, es einsetzen können und dabei große Gewinne machen. Es gibt aber auch die Unsicheren, die einfach — damit ja kein Schaden entsteht — es vergraben, es verstecken. Man könnte natürlich meinen, dass der Herr froh hätte sein können, dass zumindest kein Verlust entstanden ist, aber in der Geschichte ist dem nicht so. Er bestraft den Diener, der keinen Einsatz gezeigt hat.

„Talente“ hat aber noch eine andere Bedeutung: Wir verstehen darunter die Gaben, die Fähigkeiten, die jeder von uns hat. Die Aussage in diesem Text ist klar: setze deine Fähigkeiten, die du hast, ein, du musst einmal darüber Rechenschaft ablegen.

Aber diese Talente, diese Fähigkeiten weisen in unserem Leben auf das Kreuz: Wir können und sollen immer wieder von neuem unsere Fähigkeiten wahrnehmen. Das ist die Basis. Nur wenn wir wissen, was wir haben, können wir es auch einsetzen, verwenden (vgl. die Geschenke!). Viele Gaben und Fähigkeiten sind so, dass sie unserem Nächsten auch unterstützen. Das ist es aber, was wir „einander dienen“ nennen: Jeder von uns hat besondere Fähigkeiten ebenso wie Defizite. Indem ich meine Fähigkeiten (z.B. fallen mir Sprachen leicht — ich kann anderen helfen, einen Zugang zu finden) dem anderen zur Verfügung stelle, wird sein Defizit ein wenig kleiner. Ich darf aber auch erwarten, dass mir bei meinem Defizit (z.B. Mathematik) auch geholfen wird — so wird das „einander dienen“ zu einem „einander ergänzen“ — und die Würde des Einzelnen ist gewahrt, ist kein „Herr–Diener–Verhältnis“ mehr. Hier sehen wir den Querbalken des Kreuzes.

Und das obere Ende des Kreuzes? Indem ich die Gaben, die Geschenke einsetze, verwende, bereite ich dem, der es mir gegeben hat, eine große Freude. Ist es nicht das, was gemeint ist, wenn wir sagen, wir loben Gott, wir preisen ihn? Und das Bewusstsein, dass es sich bei den Fähigkeiten, bei den Be-gabungen um Gaben handelt — dass ich es nicht aus mir habe — löst das nicht eine große Dankbarkeit aus? Oder verletzt es unseren Stolz, dass wir von Gott abhängig sind, dass wir auf diese Gaben angewiesen sind?

Die Talente vergraben: heißt das nicht, dass wir nicht den Mut haben, etwas auszuprobieren? Die Grenzen erkennen ist gut, aber von vornherein sagen: „das kann ich sicher nicht“ — ist das nicht ein Vergraben von Talenten?
Fähigkeiten einsetzen, den Mut haben, etwas auszuprobieren, aber auch den Mut haben, die Grenze zuzugeben: das lässt uns immer mehr erkennen, was alles in uns steckt und gibt uns Freude, dies — auch zum Wohl anderer — einzusetzen. — Und unser Leben wird ein fortgesetzter Lobpreis des Schöpfers!