digitales religonsbuch

Sakramente

aus Maria H. Duffner: „Digitales Religions Buch“ 2000–
Zuletzt bearbeitet am . Ausdruck am

Eucharistie

Geschenke und Dank

Alle Jahre wieder – so wird vielleicht mancher denken, der kurz vor Weihnachten noch nach passenden Geschenken gesucht hat. Vielleicht kommen dem Geber auch Gedanken, was er mit diesem Geschenk ausdrücken will: will er einfach Freude machen oder seine Anteilnahme aus-drücken, will er eine Geste der Versöhnung zeigen, eine Beziehung herstellen oder verstärken? Will er gar die Beziehung ausnützen (um etwas Bestimmtes zu erreichen) oder ist es etwa „nur“ ein Geschenk, weil es so Brauch ist, dass man etwas gibt? Was der Geber immer erwartet, ist Dank, eine kleine Reaktion, eine kleine Geste, die zeigt, dass das Geschenk angekommen ist.

Dank — bis heute heißt das auf griechisch „evcharisto poly“ (εὐχαριστό πολυ; griech.). Unser Wort „Eu–charistie“ ist dasselbe — also heißt „Eucharistie“ danken. Aber: Das Wort Eucharistie beinhaltet zwei Teile: eu–charis–tie. Eu (oder ev) steht für „gut“, das Wort „charis“ aber bedeutet Geschenk, Gabe.

  • Die gleiche Wurzel wie das Wort „charis“ hat der noch heute immer gebräuchliche Gruß „chaire“ (χαιρέ; griech.) = „freue dich“ und das Wort „chara“ (χαρά; griech.) = "die Freude“. Der Wortstamm aber bedeutet gern haben, etwas wollen — bedeutet also eine Gabe und das, was diese Gabe auslöst, nämlich Freude.
  • Das Gegrüßt seist du Maria beginnt im Griechischen mit den Worten „chaire, kecharito–mene“ — und müsste eigentlich übersetzt werden: „Freue dich, du beschenkt wordene“
  • Von dieser Ableitung her heißt also „Eucharistie“ ursprüngliche „gute Gabe, gutes Geschenk“
  • Noch ein Hinweis: „charisma“ ist ein Wort, das nur im NT verwendet wir und „göttliches Geschenk“ heißt.

Bevor ich näher auf die Eucharistie eingehe, möchte ich noch ein Aussage aufgreifen, die in Zusammenhang mit dem Jahresschlussgottesdienst gefallen war: Der Wortgottesdienst war durch den Rückblick geprägt — relativ frei gestaltet mit Bildern aber auch biblischen Texten und Fürbitten; die Eucharistiefeier habe wie angeklebt gewirkt — priesterzentriert mit den liturgischen Texten aus dem Messbuch. Überhört wurde die Aufforderung des Priesters, dass wir unsere Dankbarkeit in der Eucharistiefeier zu Wort kommen lassen, zum Ausdruck bringen. — Hier wurde spürbar, dass die Messe aus 2 Teilen zusammengewachsen ist: aus dem sabbatlichen Synagogengottesdienst (er lebt in unserem Wortgottesdienst weiter) und der Eucharistiefeier, zu der die jungen Christengemeinden in die Hausgemeinschaften gegangen sind.

Der große Wüstenvater Barsanuphius (+ um 540 in Ägypten) hat einmal gesagt: „Feste Gebetszeiten sind notwendig und stiften Gemeinschaft“. In Analogie dazu möchte ich formulieren: „Feste Gebetsformen sind gemeinschaftsstiftend“. Die liturgischen Texte fassen unser aller Danken und Bitten in Worte und verbinden dadurch. Es ist nicht mehr das Gebet eines Einzelnen sondern der ganzen Kirche — und jene, denen es schwer fällt, selbst die Gedanken zu formulieren, können sich hier wiederfinden, festhalten, einstimmen.

Nun wollen wir einen Blick auf die Präfation werfen. Sie beginnt mit einem Dialog, dann folgt das eigentliche Dankgebet und schließt mit dem Gesang des „Heilig, heilig, heilig“. Ganz deutlich wird auf die Gnade, das göttliche Geschenk hingewiesen, das unseren Dank auslösen kann und soll (Der Text in Klammer ist jener Text, den die Priester der griechischen Christenheit den Gläubigen zurufen, bei uns ist er verkürzt auf „Der Herr sei mit euch“). Die Aufforderung, die Herzen zu erheben (manche stehen erst hier auf) ist eine Aufforderung, sich der Ge-genwart Gottes bewusst zu sein und sich Ihm zu öffnen. Denn nur in dieser offenen Haltung sind wir fähig zu danken. Danken — nicht bloß ein Wort des Priesters, der für uns alle spricht, sondern danken ist eigentlich eine Lebenshaltung — sie beinhaltet das Erkennen, das Wahrnehmen, was uns geschenkt ist, das Staunen über das Geschenk, die Freude, die in unser Leben hineinwirkt. Schauen (erkennen), staunen, danken: da wird uns der Spagat bewusst, den der Psalmist im Psalm 8 so wunderbar beschreibt: die Erfahrung, dass der Mensch unendlich klein und dennoch die Krone der Schöpfung ist. Das große Dankgebet weist den Menschen darauf hin, hilft ihm entdecken, was ihm alles geschenkt worden ist. An Festtagen nehmen die Präfationen das Festgeheimnis in den Mittelpunkt, nicht um den Menschen zu beschämen oder um mit dem moralischen Zeigefinger zu drohen, dass man ja dankbar zu sein hat, sondern im Sinn vom „freue dich“ — schau hin, was du alles von Gott geschenkt bekommen hast! Erkenne, dass Gott will, dass es dir gut geht. Freu dich, dass Gott Mensch geworden ist, dass Er sich in Seinem Sohn uns ganz zugewandt hat. Freue dich aber auch darüber, dass du, dass jeder von uns Abbild Gottes sein soll – das ist ein göttliches Geschenk, das nur den Menschen und nicht den Engeln zu eigen ist. Deshalb dürfen wir in den Lobpreis der Engel einstimmen und mit ihnen das „Heilig, heilig, heilig“ singen.

Es ist ganz klar, dass Gott nicht das Lob braucht, den Dank für das, was er uns schenkt, braucht, aber es ist gut für uns, denn wir können so die richtigen Relationen wahrnehmen. Wir können so unsere Würde aber auch unserer Schwäche erkennen und annehmen. Das, was Gott von uns erwartet ist, dass wir das, was wir erhalten haben, einsetzen, anwenden, mit unseren Talenten wuchern (wie es in einem Gleichnis so wunderbar ausgedrückt worden ist). Denn wir haben diese Geschenke, die Talente, die Charismen erhalten, damit wir Mensch im ursprünglichen Sinn des Wortes werden können, damit wir werden können, was wir sind. Denn nur dann werden wir zum Abbild Gottes, kann Gott durch uns in die Welt kommen.

Durch das Erkennen unserer Gaben, durch das Staunen, den Lobpreis und Dank werden wir uns aber auch unserer Unvollkommenheit bewusst. Folgerichtig setzt nun das Hochgebet, in dessen Zentrum die Wandlung steht — das Gegenwärtig werden Gottes in den Gaben von Brot und Wein — mit der Bitte fort: Darum bitten wir Dich ...